Wenn Helfer Hilfe brauchen

Wir werden alle nicht jünger. Diese Alltagsweisheit hat sicher jeder schon einmal gehört, auch wenn Wahrscheinlichkeit auf sie zu treffen mit zunehmendem Alter der Gesprächsteilnehmer proportional ansteigt.
Das heißt jeder, sei er noch so selbstständig und fit, kann einmal in die Lage kommen, dass er nicht mehr alleine zurecht kommt.
Dabei haben oft diejenigen, die selbst oft für andere da waren, die größten Schwierigkeiten damit, selbst Hilfe anzunehmen und sich zum Beispiel einer Seniorenbetreuung anzuvertrauen.
Ein Beispiel aus meinem persönlichen Umfeld ist Frau M.: Jahrelang hat sie erst ihre eigene Mutter gepflegt, als diese wegen ihrer Demenz nicht mehr alleine leben konnte und gleichzeitig noch jederzeit ein offenes Ohr für alle Sorgen ihrer Kinder und Freunde gehabt.
Auch fand sie trotz Berufstätigkeit die Zeit, regelmäßig ein Seniorenheim zu besuchen und dort verschiedenen Menschen Gesellschaft zu leisten. Mehrere Vereine bauten auf ihre Tatkraft und Motivation, wenn es darum ging eine verantwortungsvolle Rolle wie Kassenwart zu übernehmen, Wohltätigkeitsveranstaltungen zu planen und leckere Kuchen zu spenden.
Man konnte sich oft fragen woher sie die Energie für all das nahm. Denn auch nachdem sie in Rente gegangen war, wurde ihr Engagement nicht weniger. Stattdessen widmete sie ihre jetzt reichlich vorhandene Freizeit noch weiteren sozialen Projekten, wie z.B. einer Kinderbetreuung für benachteiligte Kinder und war in der Caritas aktiv. Ich denke es gibt in meinem Ort und ihrem Bekanntenkreis niemanden, dem sie nicht schon in einer Notsituation zur Zeit gestanden hat.
Und doch, auch diese so energiegeladene Frau, die scheinbar keine Ruhe kannte, traf es eines Tages: Nach einem Schlaganfall war es ihr auf einmal nicht einmal mehr möglich für sich selbst zu sorgen. Allerdings wollte sie es nicht zulassen, dass jemand anders ihr zu Hilfe kam – ihr Leben lang hatte sie anderen so viel gegeben, dass sie es völlig verlernt hatte auch etwas anzunehmen. Es bedurfte der gesammelten Überredungskunst ihrer vier Kinder, bis sie sich überzeugen ließ, es mit der Seniorenbetreuung wenigstens zu versuchen.
Und jetzt, zwei Jahre später hat sie sich daran gewöhnt, dass sie nicht mehr alles alleine machen kann, sondern sich in vielen Dingen auf andere verlassen muss. Mit guten Ratschlägen und einem offenen Ohr steht sie aber immer noch allen bei, die ihre Hilfe nötig haben.
pasquale - 18. Apr, 16:31